Vom Puschlav aus ist Mailand nicht weit; nur knapp zwei Stunden dauert die Fahrt in die Metropole. Dort findet dieses Jahr die Weltausstellung unter dem Motto «Den Planeten ernähren, Energie für das Leben» statt. Die nachhaltige, lokale Lebensmittelproduktion wird 2015 auch im Puschlav ein grosses Thema sein. Unter Federführung der Region und der Bauern soll die Landwirtschaft des Tals mittelfristig gänzlich auf biologischen Landbau umgestellt und die Vermarktung der lokalen Produkte weiter verbessert werden.
Gleichzeitig wird eine jahrhundertealte Tradition wieder ins Gedächtnis gerufen. Im Rahmen eines grenzüberschreitenden Forschungsprojekts blicken die Historische Vereinigung des Puschlavs und der Polo Poschiavo auf die Geschichte der lokalen Gartenkultur zurück. Die Ergebnisse werden im Herbst in einer Publikation erscheinen.
Bereits zur Sommersaison eröffnet das Talmuseum in Poschiavo eine Dauerausstellung, welche die lokale Ernährungsgeschichte zeitgemäss inszeniert. Bis zum Zweiten Weltkrieg lebte die Bevölkerung mehrheitlich von dem, was die heimatliche Scholle hergab. Dies mag angesichts der kargen Böden nicht allzu üppig erscheinen; ein Gang durch die Ausstellung zeigt jedoch, dass die Menschen es damals schafften, mit viel Fantasie und Geschick Erstaunliches daraus zu machen. Die traditionelle Küche ist vielfältiger und schmackhafter als man vielleicht denkt. So wundert es kaum, dass alle Restaurants im Ort noch heute köstliche Pizzoccheri aus Buchweizenmehl oder Capunet anbieten, ein Spinatgericht, das nichts mit den Capuns aus der Surselva gemein hat.
Das Kulturhaus des unteren Puschlavs, die Casa Besta in Brusio, wird sich mit einem Thema befassen, das in diesem Zusammenhang nicht fehlen darf: dem Weinhandel. Seit Jahrhunderten transportieren Puschlaver den Veltliner nach Norden, seit einigen Generationen produzieren sie für den Schweizer Markt sellber edle Tropfen aus den Trauben, die in der Sonne des benachbarten Italien reifen.
Der Kulturpfad überwindet auch die politischen Grenzen der Region: Das Ortsmuseum von Tirano überarbeitet ebenfalls sein Angebot und beleuchtet die Weinproduktion neu.
Spezielle Rundgänge zum Thema Ernährung ergänzen das Programm: Auf dem Lehrpfad «Dal campo alla tavola» («Vom Feld auf den Tisch»), einer Initiative des Puschlaver Talmuseums und der alten Mühle in Aino, können die Gäste verschiedene Aspekte der kulinarischen Geschichte hautnah erleben. Mitanpacken gehört zum Programm!
Daniele Papacella – Museo poschiavino
(aus Graubünden Exclusiv 2015)